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COPAN

Mittwoch, 16.03.2011

der schwarzbrotkiller

„Ne van a Honduras! Estan loco? Van mortarte! Es muy peligroso alli!“ -„Don't go to Honduras. They will kill you!“- „Geht bloß nicht nach Honduras! Die werden euch umbringen! Das ist viel zu gefährlich“ - In allen Sprachen und von allen Seiten wird uns vor der Einreise nach Honduras abgeraten. „Auf gar keinen Fall dieses Land betreten!“ - wie oft haben wir das nun schon gehört. Selbst Marcos, der Polizist aus Antigua würde „niemals dorthin“ reisen! Es scheint, als würde man an jeder Grenze vor dem nächsten Land eindringlichst gewarnt.

Ein Wunder, dass wir noch am Leben sind... Ja, ok, zugegeben, es gab jüngst ein paar Überfälle in der Gegend, auch mit tödlichem Ausgang - aber auch Mexico, Michoacan (durch das wir bereits vor Monaten gefahren sind) war vom Drogenkrieg belastet – und passiert ist uns dort nichts. Noch nicht mal den Hauch einer Gefahr haben wir gewittert. Würden wir auf alle Reisewarnungen hören, stünden wir immer noch in den USA, halt nein, in Deutschland. Ein paar Gegenden sind gewiss zu vermeiden, doch mit gesundem Menschenverstand, genügend Sprit im Tank und sensiblem inneren Bauchgefühl kann man alles schaffen. Jedenfalls sind wir seit nunmehr acht Monaten in noch keine einzige prekäre Situation geraten, toi, toi, toi. Nein, ganz im Gegenteil, die Menschen waren freundlich, zuvorkommen und so hilfsbereit, dass man sich als Europäer davon ruhig eine dicke Scheibe abschneiden könnte.

Von der relativ ruhigen Grenze (Papierkramabwicklung in sagenhaften 50 Minuten, Unkosten: 35 Dollar für die Autoeinfuhr, Personeneinreise 3 Dollar) fahren wir in knappen 20 Minuten nach Copan, finden leider keinen Campground und entscheiden uns dafür, zwischen Polizeistation, Mischwald und Texaco-Tankstelle am Seitenstreifen zu übernachten. Jedes Haus, jedes Geschäft hier ist vergittert, Parkplätze, Restaurants und Banken von Sicherheitsmännern mit rund um die Uhr mit schwerem Waffenaufgebot bewacht.
Um 21.00 kommen zwei etwa fünfjährige Kinder an uns vorbeigelaufen, drücken sich um die Autos herum, würgen ein schüchternes „Hola!“ hervor. Wir essen gerade zu Abend. Froh über das neu entdeckte Krustenbrot, das noch aus Antigua stammt, halten wir unsere belegten Sandwiches glücklich in der Hand. Mal wieder Ballaststoffe satt, nach all dem weichen Weißbrot, die Spucke im Mund hüpft schon auf und ab vor lauter Vorfreude!

Weil die Augen der Jungs so kugelrund sehnsüchtig auf das noch verbliebene belegte Brot auf dem Tisch starren, frage ich sie „Tienen hambre?“, (Habt ihr Hunger?) und ernte heftiges Kopfnicken. Also schneide ich das Sandwich entzwei und gebe jedem eine Hälfte in die ausgestreckten Hände. Sofort laufen sie davon, verstecken sich hinter dem VW-Bus von den Schweitzern. Es dauert nicht lange, da lugt einer der Beiden wieder hervor und scheint uns zu beobachten. Er kommt langsam um den Bus herum, grinst verlegen über das gesamte Gesicht, zeigt seine Zahnlücken, hält das Brot hoch und drückt mit dem Finger in die Kruste aussenrum. Fragend schaut er mich an, er kennt wohl kein Schwarzbrot, nur weiche Tortillas. Ich beiße vorbildhaft in mein Brot, kaue, lege das Brot wieder ab. Da beißt der Kleine auch drauf los, hat aber offensichtliche Probleme mit der Härte, da reißt er erst die Rinde ab, legt den Kopf schief, murmelt etwas vor sich hin, beginnt das weiche Innere des dunklen Brots in die Finger zu nehmen und portionsweise in den Mund zu stecken. Dann klappt er das ganze Sandwich auf und schmeißt Zwiebel und Gurke auf den Boden, zu der Kruste. Danach isst er die verbliebenden Schichten einzeln. Nach fünf Minuten schauen wir nach dem anderen Jungen, der ist immer noch hinter dem Bus versteckt. Auf dem Boden liegen Zwiebel-, Schinken-, Gurken- und Jalapenoscheiben, ihm selber rinnen die Tränen übers Gesicht, „Picante! Picante!“ (So scharf, so scharf!) kreischt er und steckt sich nur den Rest des Margarine-Brots ohne Kruste zwischen die Zähne - dann laufen sie,so schnell die kleinen Beinchen sie tragen, davon!

LAGO DI YOJOA

Donnerstag, 17.03.2011

reitfreu(n)de

Da uns Kulturbanausen $35 für die hiesigen Ruinen Copans einfach zu teuer sind, wir ausserdem nach gefühlten zwanzig Tempelerfahrungen genug von den Anlagen haben, fahren wir Tags darauf in fünf Stunden weiter an den Yojoa-See.

Bei der malerischen Cafe- und Orangenplantage „Las Glorias“ , die zudem Cabanas und ein Restaurant betreibt, können wir die Nacht verbringen. Wir stehen idyllisch eingerahmt auf einem weitläufigen grün bewachsenem Areal inmitten von Blumen, Blüten, Orangenbäumen und Pferden. Völlig allein genießen wir die zauberhafte Stimmung, blicken auf den See, hören dem Schnauben der Stuten zu und kochen unser Abendessen. Da fängt es an zu schütten, wie es nur in diesen Gefilden regnen kann – erst prasselt es leicht, dann fängt es an zu plätschern und binnen Minuten steht alles völlig unter Wasser. Hat der Petrus aber mal heftig am Wasserhahn gedreht! Zum Glück kampieren wir neben dem leerstehenden zweistöckigen Konferenzgebäude, um den direkten Zugang zu dortigen sanitären Anlagen zu haben und können so unseren Tisch auf der Veranda aufbauen. So machen wir es uns gemütlich, genießen die Sahnenudeln, die Abendstimmung und das Geräusch der dicken Regentropfen auf dem Holzdach. Nach dem Abendessen stellen wir nur kurz unsere Teller raus, in Null-komma-Nichts ist der Abwasch von Mutter Natur erledigt und die süße Nachtruhe ist nicht mehr fern.

Für 200 Limpiras (10 Euro) reite ich am nächsten Tag mit Arancha (Pferd) und Julio (Reitlehrer) aus. Als es wieder heftig zu schütten beginnt, galloppieren wir schnell zum nächsten Unterstand und stehen filmreif romantisch beim überdachten Pferdestall. Die Pferde wiehern, der Regen prasselt, wir warten, blicken über den See und da frägt mich Julio in die Stille hinein: „Estas casada?“ (Bist du müde?) - „No, no!“ entgegne ich, kein Stück! „Corremos. Gallopamos! -...“ (Nein, nein, überhaupt nicht, lass uns galoppieren, gleich wenn es wieder aufhört zu regnen!). Da grinst er, nickt heftig und guckt mir so komisch in die Augen. Gleich darauf frägt er, wie alt ich denn bin. „Tengo 32 anos“, antworte ich, nicht recht wissend, was das denn jetzt mit dem Gallopp zu tun habe. Er sei 27, aber das sei schon OK, meint er. „Häh?“ Ein großes Fragezeichen erscheint in meinem Kopf und wahrscheinlich auch auf meiner Stirn. Gerade als ich hinterfragen will, hört der Regen auf und wir können endlich wieder weiterreiten. Nach stillen vierzig Minuten und einigen Galoppsprüngen später erreichen wir wieder die Stallungen, und nach der etwas komischen Stimmung bin ich froh, absteigen zu können. Julio schiebt mir einen Zettel zu und flüstert etwas, das ich nicht verstehe.

Zurück am Auto erzähle ich von meinem merkwürdigen Ausritt, da meint Francesco: „Mann! Andrea! C-a-s-a-d-a nicht C-a-N-s-a-d-a! Das heißt nicht müde, sondern verheiratet!“ - „Ach so! ACH SO! Mh. - Dann habe ich ihm also gesagt, „nein, nein, ich bin nicht verheiratet – und jetzt lass uns galoppieren!“ - Mann, oh je, der denkt doch „diese Schlampe alemana! “ - oh, das ist mir jetzt aber peinlich, hoffentlich sehe ich ihn morgen nicht mehr!

Aber eine Frage: wieso sind im spanischen die Wörter „Müde“ und „Verheiratet“ nur durch einen einzigen Buchstaben zu unterscheiden?

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