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KGALAGADI TRANSFRONTIER PARK

Sonntag, 18.03.2012

Knusper knusper, BÖckchen

Blutiges Gemetzel vor unseren Augen. Es knackt, knuspert und kracht und plötzlich fliegt ein roher Knochen in hohem Bogen aus dem Weidengras. Gieriges Raunen folgt einem lauten, aggressiv hervorgestoßenen „Whuup!“. Vier muskulöse Geparden hauen zehn Meter von uns entfernt ihre scharfen Reißzähne in die blutige Karkasse eines Springbocks.

Blutverschmierte Mäuler, rosa Zungen, abgenagte Rippen, intensives Schmatzen. Und da ist es wieder: „Whuup!“. Mit dem hell gefiepten Warnlaut verscheucht die sehnige Cheetah-Mama schmalen Auges ihre hungrigen Kleinen. Meins!

Lange lassen Sie sich nach Mutters Rückzug nicht bitten und fallen über ihre Beute her. Sie reissen, zerren, beißen ins rohe, aufspritzende Fleisch. Immer wieder erscheinen blutig-weisse Rippen, abgetrennte Muskeln und Sehnen, helle blanke Knochen über dunkelrot getränkten Grasbüscheln. Gelbe Erde, blauer Himmel, grüne Weide, rotes Heugras. Wir sind seltene Zeugen einer sonst so scheuen Geparden-Familie beim gemeinschaftlichen Abendmahl. Die langbeinigen wespentailligen Cheetahs haben sich gerade ihr Protein-Gericht selbst serviert:
„Saftiger Springbock an bunten Gräsern in Wiesenkräuter-Marinade“.

Es ist fünf Uhr nachmittag im ariden Kgadalagi Transfrontier Park, die Sonne brennt, die Luft flirrt, wir befinden uns auf Botswana-Seite des Drei-Grenzen-Nationalparks und staunen, während wir bei Backofentemperaturen im Auto schmoren. Mit seinen 9591 km² auf Südafrika-Seite und weiteren 28400 km² auf der Anderen ist der Transfrontierpark zu Namibia einer der größten Nationalparks der Welt. Der südwestliche Teil verspricht Dünenfelder mit einzigartiger Semi-Wüsten-Vegetation, wohingegen der nördliche Part überwiegend aus Kalahari-Pflanzen wie robusten Dornbüschen und trockenen Gräsern besteht.

Nackte, wilde Natur spielt sich vor unseren Augen ab. Die Wildkatzen brechen geräuschvoll dicke Stücke aus dem Springbock, schlingen, schlucken, kauen. Es knackt erneut, multiple Knochen brechen durch, rohe Rippen, zerissene Gedärme, das Schlachtfeld ein eingefärbter Boden.

Geparden verlieren 14% ihrer Beute an Löwen, Hyänen und andere Opportunisten, darum ist in diesem Moment hektische Eile angesagt. Bei der Jagd erreichen die schnellsten aller Katzen Maximalgeschwindigkeiten um die 90 km/h. Als absolute Einzelgänger und Eigenbrötler wird im Normalfall alleine das Essen gestalkt und in bis zu 600 Metern erlegt - nur hier ist Mami ausnahmsweise mit drei Sprösslingen unterwegs, gibt Beute-Tipps und nun natürlich auch den Ton an. Immer wieder drängt sie die halbjährigen Söhne abrupt zurück: „Whuup!“, mein Rippchen!

Wieder mal musste ein Springbock dran glauben, die zierlichen Tierchen mit dem dynamischen Seitenstreifen stellen 87% der Speedcats-Nahrung dar – und das ziemlich oft: Geparden müssen um die vier Kilogramm Fleisch pro Tag zu sich nehmen, um ihre gute Form und Fitness zu bewahren. Sichtungen sind sehr rar, denn die Wildkatzen sind unglaublich scheu und Meister der Tarnung. Der signifikante Unterschied zu Leoparden besteht übrigens nicht nur in der schmaleren Bauweise, dem kleineren Kopf und den schwarzen (statt Rosetten-) Punkten auf dem hellen Fell, sondern auch in dem „Tränenstreifen“, der vom inneren Augenwinkel zu den Lippen führt.

Einige Brüder und Schwestern der zarten Springbock-Beute stehen mit gutem Sicherheitsabstand am Rande des Geschehens und können es nicht glauben. Nervöse Pfeiftöne erklingen in der Luft, schrilles, helles Fiepen, die neckischen Kurzhörner vibrieren, dann wird zitternd weitergegrast – mit stetem Auge auf die Katzen. Jetzt Loslaufen ist auch eine schlechte Idee, bloß keinen Reflex auslösen, das hat sich herumgesprochen. Doch ein Blue Wildebeest trabt mutig vorbei: wilde Stehmähne auf grau-schwarzem Fell, dunkle Blesse, gebogene Hörner, nicht gerade eine Schönheit, doch kräftig und groß traut es sich nun wild galoppierend an der Cheetah-Familie vorbei. Die Vier blockieren das Wasserloch! Hektisch trinkt das Blue Wildebeest ein paar Schlücke und verduftet über die nächste Düne. Es muss beinahe täglich trinken, sonst kann es nicht überleben.

Wir sind im Afrika-Traum nahe der orangeroten Kalahari-Wüste.

Beim Weiterfahren sehen wir grasende Herden langhörniger, schiefergrauer Gemsböcke, ein paar Meter entfernt springen enthusiastische Springböcke juchzend aus dem Stand in die Höhe (sie wissen noch nichts vom weit entfernten Familienmitglied-Verlust), Eland-Horden mit Doppelkinn verstecken sich in den raren Dorn-Büschen, in der Nähe wälzen sich Blue Wildebeests im trockenen Staub vor dem himmelblauen Horizont nahe einer Seif-Düne. Wir rattern auf extrem schlechten Wellblech-Straßen weiter, vorbei an den aufragenden Megaohren von süßen Steenböcken, ein paar Red Hartebeest mit schimmerndem rotbraunen Kurzfell kreuzen unseren Weg, Schwarzrücken-Schakale dösen im kniehohen Buffalo-Gras am Wegesrand. Ein paar Mal müssen wir aufpassen, keinen über die Straße galoppierenden Gemsbock mit seinen 240 kg anzufahren.

Wir schlafen im „Polentswa“-Campground inmitten der wilden Szenerie, kein Zaun trennt uns vom Wild. Auf Botswana-Seite sind alle Camps kategorisch ungeschützt. Ein Erlebnis der besonderen Art! Ein bewaffneter Ranger hält Nachtwache (so steht´s in der Broschüre), doch wird dringend angeraten, nachts nicht das Auto zu verlassen (der hat bestimmt wieder Blasröhrchen). 450 Löwen treiben sich in der Gegend herum, 150 Leoparden, 200 Cheetahs und 600 Brown Hyenas. 200 Menschen.

Soweit zur Statistik.

Kein Tag gleicht dem Anderen. Wildlife-Begegnungen, Dünen-Landschaft, Sonnenstand, jedesmal Anders, jedesmal fantastisch: wir sehen faulenzende Löwen auf Schwert-Sanddünen, zerzauste Hyänen unter verdörrten Shepherds-Tree´s, diverse Antilopenarten, Hasen, Böcke, Eichhörnchen, Surikats, Mongooses, Bustards, Füchse. Die vierköpfige Cheetah-Familie zeigt sich ein weiteres Mal, mit vollem Bauch unter der Schatten spendenden Akazie. Von Mittags bis 16.00 ist Siesta angesagt. Kein Jagen, kein Stress, keine Aufregung. Relaxtes Grasen, Dösen, Schnurren. Kein Wunder, bei 38 Grad!

Über 42 Grad im Schatten kann das Thermometer hier tagsüber klettern, völlig überraschend kühlt es nachts jedoch auch empfindlich ab, nach dem obligatorischen Braai-Barbecue und Talk-am-Grill ziehe ich mir im Bett mit Vergnügen die flauschige Daunendecke über die kalten Ohren und wiederhole träumend den aufregenden Tag. Whuup!

KGALAGADI TRANSFRONTIER PARK II

Montag, 19.03.2012

FREEZE!

Vier Augenpaare sind hypnotisch auf mich gerichtet, Starren ist noch höflich ausgedrückt. 16 ellenlange Beine sind eingefroren, meterlange Hälse in meine Richtung gestreckt. Ohren gespitzt. Minutenlange Stille. Die langen Silhouetten verharren.

Ich fühle mich beobachtet.

Wir harren aus. Keine Bewegung. Toyota steht still. Motor aus. Das Fenster heruntergekurbelt, die Kamera schussbereit, ich versuche still zu atmen. Verdammt, unser Kühlschrank schaltet sich ein – sofort Aufruhr in der Gruppe, ein Baby galoppiert erschrocken aus dem Stand. Drehung nach hinten, beinahe kippt es vornüber. Die Anderen bleiben skeptisch. Nervös. Vorsichtig.

Dann der entscheidende Vorwärtsschritt der Leitkuh. Kapriziös und extravagant schwebt sie zum Wasserloch. Eleganter Hals mit orangem Irokesen-Strupphaar, schmaler Kopf mit braunen Kulleraugen. Lange Wimpern, zarte Nüstern, flaumige Lippen, kecke Spitzohren, haarige Kurzhörner, weit ausscheerende Hufe und das Ganze unter braun-weißer Karo-Felldecke.

Gruppenausflug zum Wasserloch, man stellt sich in Formation, die Vorderläufe werden gespreizt, uh, das sieht wackelig aus, dann geht ein langer Hals zeitlupengleich nach unten. Kurzes Schlürfen, Kopf in den Nacken, Wasser geschluckt. Elastisch ummantelte Blutgefäße im Hals beschützen dabei das empfindliche Gehirn vor schädigenden Veränderungen im Blutdruck.

Die Prozedur dauert. Supervorsichtig wird jedes einzelne Mal die Umgebungslage abgecheckt, beim Trinken sind die Tiere am exponiertesten, ein möglicher Angriff wäre tödlich. Das Aufraffen dauert zu lange. So starrt der Rest der Truppe auf unseren Toyota, respektive auf mich, während die Kuh geräuschvoll Wasser schlabbert. Nun wendet sie sich langsam ab, scannt nochmal die Lage für ihre Schützlinge, per Gedankenübertragung steht der Nächste fest. Einer nach dem Anderen traut sich vor zum Waterhole, umständliches Beinarrangement, Nachjustierung, erst wenn die Hufe fest im Staub stehen, reckt sich der Hals nach unten.

Nun ist die Herde sitt, einer nach dem Anderen dreht sich um, man wandelt hinüber zum Thorn-Tree-Dessert. Rückzug.

Die gemütliche Herde frisst abwechselnd von hohen Akazien-und Dorn-Bäumen, nur jeweils 2-5 Minuten am selben Strauch, dann wird wieder ein wenig gekuschelt. Wieso auch nicht, die Gefahr ist ja vorbei. Der weiße Toyota mit seltsamen Geräusch und Riesen-Pupillen-Kamera-Wesen weit entfernt. Die bis zu 5,5 Meter großen Tieren könnten sich auch zum Elefanten-Fress-Maraton einschreiben: nicht ganze 16, aber immerhin leckere 12 Stunden wird im Langhals-Land dem Schlemmen gefröhnt!

Friedvoll, sanft und liebevoll leckt ein älterer Fünfmeter-Bulle seiner Dame die kleinen behaarten Hörner auf der Stirn, die hohen Hälse verschlingen sich sehnsuchtsvoll ineinander, der orange-karierte Fellmix gleicht einer Patchwork-Decke. Der dunklere Bulle reibt die lange Blesse am schmalen Rumpf seiner Chica, die schließt die Augen, schürzt die Lippen, knisternde Stimmung liegt in der Giraffen-Luft...so haben sich die aus dem Etosha-Park importierten Tiere von acht auf immerhin 40 vermehrt. Bei gutem Lebenswandel können so auch an die 20 Lebensjahre friedvoll genossen werden.

Abends verwandelt sich die Sonne effektvoll in einen puffigen Rotlicht-Ball, die Savanne streift ihr leuchtendes Pailletten-Abendkleid über. Löwen strecken sich, Hyänen erwachen zum Leben, zarte Akazien-Scherenschnitte heben sich scharfkantig vor der zähen Luft ab, einzelne Elands traben dem weiten Horizont entgegen, Meerkats verschwinden wuselnd im Bau, Eulen drehen die Köpfe, Springbocks pfeifen.

Beute-Zeit. Einzelne Purr-Laute, Grölen, Zirpen, Zwitschern, Pochen, Schlagen, Whuup. Der Abend bricht herein, die Nachtschicht der Jäger beginnt.

Afrika bezaubert mich mit unaussprechlicher Faszination, die Welt hier glänzt und funkelt und schimmert, wilde Tiermuster, aufregende Landschaften, flirrende Luft, bunte Farben - ich genieße hingebungsvoll und mit jeder Pore die rohe Intensität!

Afrika, ach, Afrika – was machst du nur mit mir? Du lässt mich eigenartig fühlen. Sentimental, wohlig, zu Hause, seltsam geborgen in all der Wildheit.

CHOBE NATIONALPARK

Samstag, 26.05.2012

Alle! Einfach alle da!

Der Morgen dämmert, dichter Nebel hängt schwer über den noch graubraunen Bäumen, kühle Luft dringt aus dem geöffneten Fenster an mein Gesicht. Mein Blick schweift über das beige-gelbe Savannengras und wie aus dem Nichts erscheint darin ein geschmeidiger Körper.

Fließende Konturen, kraftvolle Bewegung, pure Muskelmasse spannt sich unter einem gefleckten Fellkleid: hellweißer Bauch, goldener Mantel und wie darauf gespickt schimmern schwarze Rosetten-Konturen mit dunkler Füllung bei jeder Bewegung im seidigen Haar. Designer-Mutter mit Label „Natur“ hat beim Gore-Tex für Leoparden mal wieder ordentlich Kreativität und Stil bewiesen: kaum hält er einen Moment still, kann ich ihn im kniehohen Gras kaum wiederfinden.

Mit zusammengekniffenen Augen taste ich den gelben Heugürtel ab und dann entdecke ich dank der Ferngläser seine graziöse Silhouette wieder: wie hingegossen erscheint der sehnige Körper, ausgestreckt am Boden, entspannt, ein voller Bauch rundet sich unter den Ringen. Elegant, elastisch und sehnig erhebt sich das Raubtier nun wieder aus der Relax-Stellung und streift hinreissend schön, aber auch gespenstisch lautlos durch das herbstliche Feld mit gespitzten kleinen Rundohren, aufmerksamen Kajal-umrundeten, durchdringend hellen Augen und erhobener weiß-schwarzer Schwanzspitze, die im Takt auf und abwippt. Ein intensives Geräusch, wie das schwere Sägen einer Holzplanke tönt jetzt von ihm herüber, dunkles, durchdringendes Röcheln.

Die zwei Meter langen und bis zu 60 Kilogramm schweren Leoparden sind absolute Einzelgänger und kommen mit ihren Partnern nur für Sex zusammen, so alle zwei bis vier Jahre gibt’s ein Blind-Date, aus dem im Schnitt zwei Welpen hervorgehen. Die Kleinen werden nur ein paar Wochen an Mama´s Schwanzspitze hängen, denn bereits mit frühreifen fünf Monaten erlegen sie ihr „First Kill“ , die erste eigene Mahlzeit. Tja, und dann sind sie auch schon flügge und machen sich vom Acker.

Die große Büffet-Vielfalt reicht für die Leo-Family von allerlei bunten Reptilien über glitschige Fische, bis hin zu mittleren gefiederten Spezialitäten und natürlich leckeren Säugetieren wie Antilopen, Babygiraffen oder auch schon mal affige Primaten. Ein bisschen schwäbisch gepolt, sorgen die Leos auch vor: sollte sich günstig eine blutige Gelegenheit ergeben, wird schnell mal mit großen Augen und fixen Pranken viel mehr Beute erlegt, als aktuell gebraucht. Doch verschwendet wird nix, der Kadaver wird sofort hoch in den Vorratsbaum geschleppt und abgehängt. Wer weiß, wann einen der nächste nächtliche Antilopen-Jeeper überfällt!

Die Nachtaktiven bleiben tagsüber gerne im Schatten, chillen auf Bäumen und genießen die Übersicht von ihrem Hausbaum aus. Zwischendrin werden die Federn aus der Beute gezogen und zu viel Fell abgezupft, bevor der kleine Zwischenhunger als Schlafüberbrücker gestillt wird.

Wir cruisen durch den hinreissenden Chobe Nationalpark (Eintritt 290 Pula/ 27 Euro) im Nordosten Botswanas, der schon nach ein paar Stunden den internen Nature-Award für TOP ONE OF ALL (so far visited) NATIONALPARKS gewonnen hat. Das Schutzgebiet erstreckt sich im Norden bis zum namensgebenden Chobe River, im Osten bis zum Maikaelelo Forest Reserve und im Westen von den Linyanti-Sümpfen bis hin zum Moremi Wildlife Reserve. Wir kommen aus dem Staunen nicht mehr heraus, und offenen Mundes und geweiteten Auges bewundern wir die göttlichen Spektakel der Natur.

Es geht Schlag auf Schlag, hinter jeder buschigen Ecke des 11.000 Quadratkilometer großen Naturparks lauern elysische Überraschungen, exotische Tiere, ausufernde Dramen der Natur, brutale Special Effects. Nachdem Mr. Leopard genug von uns hat, bildet er hold anmutsvoll mit dem gelb-grün gesprenkelten Miombo-Wald eine einzige Masse, schwupp, weg ist er, und wir machen uns wieder auf den unbefestigten Weg, rechts von uns der sprudelnde Chobe River, links hohes Savannengras, vor uns rote Erde. Es platscht und gröhlt – Georg steigt auf die Bremse und wir sichten 30 Nilpferde im Wasser! Sternförmig angeordnet sehen sie aus wie im Wasserballet, doch dann planschen sie Hippo-like schwergewichtig, fressen energisch, suhlen sich hingebungsvoll und 120 Dezibel laut grunzend.

Wir bewundern den aufgehenden Sonnenball, der Fluss eine einzige rot-blau glitzernde Diskokugel, auf der sich lustige kleine Öhrchen und runde Hippoäuglein spiegeln und schäumende Fontänen Las Vegas-mäßig aufspritzen. Als wir weiterdüsen, müssen wir aufpassen, keines der 400 Kudus zu überfahren, die wie von der Tarantel gestochen über die Fahrbahn hüpfen. Wie eine gespannte Feder, trampolingleich „Boing“ auf und „Boing“ ab, feste Muskeln spannen sich unter dem hellbraunen Fell. „Wie durchtrainiert die sind“, sagt Schatzi da, „schau nur, da siehst du jede Sehne!“. „Ja, was meinst du, wie ich aussehen würde, wenn ich nur hüpfen und Gras fressen würde“, kommt mir da aus dem Mund geschossen. Georg grinst.

Die kleine beschwingte Migration vor uns geht schnell über die Bühne, zwischenrein hat sich ein einzelner Steenbock mit rühriger Identitäts-Störung gedrängelt, gefolgt von zehn gehetzten Mongooses, abschließend trampeln ein paar häßliche Warthogs mit ihren krummen Beinchen, grauen Strohhaaren und gebogenen Hauern grunzend, furzend und Sand aufwühlend hinterher. Kaum wollen wir losfahren, hechten noch ein paar Lechwes und Impalas mit schimmernd rotbraunem Fell und den kunstvoll gebogenen Hörnern über die orange Erde hinein in dornige Büsche.

Die Wildlife-Konzentration übertrifft alle bisher besuchten Parks um ein Vielfaches, in der Gegend treiben sich im subtropischen Klima mal so schlappe 60.000 Elefanten zwischen Mopane-Baumsavanne und Miombo-Trockenwäldern herum. Das ist die größte geschlossene Elefantenpopulation weltweit! Und wie zum Beweis treffen wir schon nach einer halben Stunde auf eine große Herde. Erst noch ängstlich, der Schock vom Aggro-Elefanten im Mamili sitzt uns in den Gliedern, nähern wir uns der cirka 100 Tiere starken Herde. Doch die sind ähnlich entspannt, wie die Addo-Elefanten, im Grunde war noch kein einziger Elefant so draufgängerisch aggressiv wie der letzte.

Vielleicht ist dem Mamili-Elefanten schlichtweg Böses widerfahren, man kann nur rätseln, doch weiß man: Dickhäuter haben eines der besten Gedächtnisse im Tierreich und werden nie vergessen, was wann und wie stattgefunden hat. Toyota-Hasser aus Erfahrung? Oder einfach nur mangels Gewöhnung?

Die Elefantenherde hier hat jedenfalls sogar Mini-Babies mit am Start und zeigt sich trotzdem äußerst relaxt, ja liebreizend gelassen, was unsere aktive Stalkerei und ungehörige Paparazzi-Manier angeht. Im „Nature Phantasialand“ passiert wunderschönes: hunderte Graue überqueren die rote Fahrbahn, kämpfen sich durch Gras, Blätter, Bäume und Büsche, Big Mama macht den Trampelpfad klar, die anderen folgen unter leisen, unter die Haut gehenden Prrrrr-Klängen, ein zögerliches Baby wird dank agilem Rüssel des Hintermannes weitergeschoben.

Gemeinsam ziehen sie majestätisch den Hügel hinab und waten in den Fluss hinein. Der Chobe River glitzert in der Mittagssonne, ein massiger Bulle gönnt sich großzügige Schlücke, pumpt Flüssigkeit in den Rüssel und gießt mit lautem Tröröööö einen Massageschwall kühlen Wassers über seinen Rücken. Kurz darauf hechtet ein Teenager in den Fluss, badet, wälzt sich, taucht unter, spielt unwiderstehlich süß mit einer weißen Seelilie, wickelt sie um den winzigen Rüssel, wirft sie hoch über seinen Kopf und tastet gleich wieder danach. Ohh, ich möchte ihn am liebsten knuddeln... Da schwimmt sein Bruder an und die beiden tauchen, verfolgt von Mamis erheitertem Blick, tröten und spielen wie kleine Menschenkinder in der Badewanne mit der Gummi-Ente. Dahinter wölbt sich das halbrunde Ufer S-Förmig mit verdrehten Dörr-Bäumen und grasgrünen Büschen bewachsen auf beigem Sand, in der Ferne staksen bemusterte Giraffen durchs animalische Märchenland.

Ein fantastisches unvergessliches Bild. Noch während die Kleinen baden, schreiten die Alten über das moosbewachsene Ufer hinein ins Wasser, es platscht und schäumt, und in einer geschlossenen Reihe überqueren sie den Fluss, bis sie auf einer kleinen, bewachsenen Insel in der Mitte des Blau stehenbleiben. Leider, leider war das Baby zu klein und so hat es jetzt auf die harte Methode schwimmen gelernt. Anscheinend sind Elefanten Nietzsche´rianer: Was dich nicht umbringt, macht dich nur härter. Die Großen sind nun halb-halb dunkel-hellgrau gefärbt, die Kleinen komplett 95% schwarz und etwas ausser Puste.

Die riesige Herde steht lockeren Beins in der Mitte des kühlen Flusses und kuschelt, wälzt und spielt lauschig gesellig. Wir parken um die 50 Meter entfernt, zutzeln ein kaltes Savannah und sind weit und breit die Einzigen, die das bezaubernde Naturschauspiel beobachten .

Wir können es kaum fassen, die Uhr zeigt schon nach Mittag. Wir müssen uns auf den Rückweg machen, sonst schaffen wir es nicht, bis zum 18.30-Torschluss den Park zu verlassen, satte Strafen warten auf Nachzügler.

Es ist einfach zu schön, die badenden Elefanten zu bewundern, doch wir reissen uns schweren Herzens los, um den Weg am Fluss entlang zurückzufahren. Keine zwei Kilometer weiter stehen sechs Hippos in den sprudelnden Stromschnellen, eines ausserhalb. Es grunzt uns zu, die rote Natur-Sonnencreme glänzt auf dem Körper. Rund, fett und schwer steht es da. Mit den stämmigen Beinen und dem überdimensionalen Kopf nicht gerade eine Schönheit, kaut es Gras wider, was ihn auch nicht schöner macht. Es guckt zu uns und entscheidet sich sofort dafür, wieder im Wassser zu verschwinden. Im Wasser tummeln sich nicht nur drei fünf Meter lange Krokodile, die Schuppen schimmern hart in der Sonne, nein, auch zwei Warane und vier Wasserbüffel frönen der Badelust. Auf der Sandbank in der Mitte des Flusses dösen weitere Riesenkrokodile, eine Wasserschlange windet sich dorthin.

Dumpfes Gezwitscher, ekliger Geruch, eiliges Geflatter. Wie die Geier! Der Spruch ist so wahr. Die elendig zerfetzte Karkasse eines alten Elefanten liegt hinter der nächsten Kurve ausgemergelt am Boden, aus dem Inneren des Tieres kriechen die Vögel heraus und hinein. Einer zupft am After, ein anderer vertreibt ihn und steckt direkt seinen ganzen Kopf in den Arsch des toten Elefanten, die fiesen Augen ganz auf die dahinvegetierende Beute gerichtet. Blutrote Hälse, gierige Spitzschnäbel, einer hat den Bauch geöffnet, windet sich durch das kleine Loch hinein, erscheint wieder am Maul und entschlüpft nach Aussen. Das tote Büffet ist eröffnet und 100 Geier stürzen sich gleichzeitig auf ihr Mahl.

Heftiges Gerangel, Gezwitscher, Gegrone, man pickt ich gegenseitig die Augen aus, breitet die Flügel, ich will rein, mein Elefant, nur keine Bescheidenheit. Gieriges, hastiges Fressen, ein ekelhafter Anblick – wir fahren weiter.

Hier ein Wasserbüffel, die gescheitelten Hörner blitzen aus dem Wasser, er kaut selig ein paar Seegräser wider, funkelnder Fluss, gleissende Sonne, am Horizont ein paar idyllische Bäume. Dort ein in allen Farben des Spektrums schimmernder Lilac-Breasted Roller. Grau am Boden schlängelt sich eine lange Mozambique Spitting Kobra. Ich schließe das Fenster.

Immer am fließenden Wasser entlang umkreisen wir weitere große Herden von Elefanten, Kudus, Büffel, an jedem Busch ein anderes Tier, wir stoppen, Motor aus, zu viele Tiere auf der Straße.Eine kleine Giraffenherde mit Babys steht rechts vorne auf einer grün-gelben Sandbank, eingerahmt vom Dunkelblau des Wassers, dahinter die schönen Afika-Bäume, darunter grasende Pukus und Gelbfuß-Moorantilopen, davor waten zwei Büffel im kniehohen Nass, jeweils einen schlanker Reiher auf dem Nacken. Flatternde Kiebitze, schnatternde Klaffschnabel, Gänse und Enten sichten wir, genauso wie zahlreiche Kormorane, Ibisse und Schwarzhalsreiher. Langsam neigt sich der Tag dem Ende, die Sonne färbt die Landschaft in gleissendes Orange, durchbrochen von rosafarbenen Linien. In diesem Licht machen wir uns auf zum Ausgang, müssen aber gleich wieder stoppen: acht Löwinnen liegen im Sand, kuscheln sich aneinander und sehen so ganz und gar Hauskatzen streichelverdächtig süß aus.

Wir bekommen das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht, die bezaubernde Landschaft mit blauem Fluss, der nun nach zwölf faszinierenden Stunden von pinkem Sonnenuntergang eingerahmt wird, lässt uns glücklich fühlen, badende Elefanten heben sich im Scherenschnitt davor ab, Giraffensilhouetten zeichnen anmutige Linien hinzu. Rechts im Wasser linsen Miniaugen von Hippos zu uns herüber, sich kräuselnde Krokoschwänze, grasende Büffel mit Reihern auf dem struppigen Rücken, ein paar Warzenschweine machen abendlichen Krawall und zehn Vervet Monkeys grinsen herüber.

Es ist 18.29 Uhr, dank Schönberger´schem Bleifuß erreichen wir die Tore gerade noch rechtzeitig in absoluter Dunkelheit. Ich fühle mich unendlich wohl. Platt, aber glücklich, in den Sitz gedrückt. Bunte, bewegte Bilder schwirren zappelnd in meinem Kopf. Im Kino nach Disney´s „König der Löwen“ hatte ich als Teenie das unheimlich intensive Verlangen, Afrika´s Tierwelt life zu sehen. Ohne Zeichentrick! In Echt. Und ja, es ist Real-Leben bestätigt: Afrika ist unwiderstehlich und Warthogs können tatsächlich mächtig Einen fahren lassen!

HUNTER´S ROAD

Dienstag, 29.05.2012

UNSPEKTAKULÄRES MUSS AUCH MAL SEIN

Zwischen Nata und Pandametanga entlang der Westgrenze des simbabwischen Hwange Nationalpark verläuft die berühmt-berüchtigte 150 Km lange „Hunter´s Road“, die ihren Namen aufgrund des historisch bedeutenden Jagdreviers trägt.

Der Reiseführer verspricht großen Tierreichtum, doch, leider sind wir zur falschen Zeit hier; ausser 30 eingeschüchterten Elefanten, zehn wild davon galoppierende Giraffen und fünf zitternde Kudus haben wir keine anderen entdecken können. Dafür war das wildcampen inmitten goldener Savannenlandschaft und lichten Wäldern aus Mopane, Teak, Mukusi- und Mukwa-Bäumen großartig und kostenfrei.

MAKGADIKGADI PANS

Freitag 01.06.2012

IM BUDDELWAHN

Millimeter für Millimeter spannt sich das massive Drahtseil. Ich kann schon gar nicht mehr hinsehen. Vorbildsmäßig haben wir vier Gummimatten aus dem Fußbereich über den dicken Stahldraht gelegt, um ein Bungee-Gummi-Schnalzen der VW-Bus-Anhängerkupplung auf den Toyota zu vermeiden. Und nun geht es Stück für Stück aus feinstem Moorschlamm heraus.

Inmitten echter Wildnis stecken wir in der unendlich weiten Salzpfanne der Makgadikgadi Pans mit ihrer Gesamtfläche von 12.000 km² fest. Und zwar wortwörtlich. Das Schutzgebiet mit der Größe Belgiens liegt 900 Meter über dem Meerespiegel und ist eine natürliche Senke im Kalaharibecken, einst der fossile Grund eines überdimensionalen Ursees, der von den Flüssen Chobe, Sambesi und Okavango gespeist wurde. Diese quellenden Zuströme versiegten allerdings schon vor ungefähr 20.000 Jahren, seither wird die Fläche durch intensive Sonneneinstrahlung gebacken.

Salzig und fest sieht die Fläche surreal aus, grau-weiß schimmert der Boden, ein hellblauer Horizont spannt sich darüber. Wir sind immer noch mit den Belgiern und Rosenheimern unterwegs und wollen eine Vergnügungsfahrt auf weißer Salzpfanne wagen.

Schlecht nur, dass innerhalb fünf klitzekleiner Minütchen erst der Landrover einsackt, 30 Sekunden darauf steht der VW-Bus still. Vally macht dafür alles mit, er gleitet problemlos über die Salzkruste, erst hinter zum Landrover – den bekommen wir mit gemeinsamen Schiebekräften wieder zum Laufen. Dann vor zum VW-Bus. Da sieht´s schon schlechter aus. Versenkt. Beide linken Reifen bis zur Radnabe im buttrigen Schlamm, das Profil dicht.

Wir schaufeln die Räder frei, versuchen es mit Schieben. Funktioniert nicht. Nun steht er noch mehr drinnen. Nächster Versuch, Vally muss her. Georg bringt ihn in Position, Bergegurt wird angelegt, Rückwärtsgang rein – und ziiiehen.

Erst ruckelt der Bus, doch dann passiert´s: das allererste Mal überhaupt gräbt sich Vally ein. Premiere. Bittere Erstaufführung. Er steckt fest, das Reifenprofil ist dicht, nichts zu machen.

Gut, also umdenken. Während uns die im Salz reflektierende Sonne ganz schön auf die Birne brennt, wird die Winde ausgepackt. Der VW steht so tief drin, dass wir uns an ihm herausziehen können. Schnell ist der Toyota wieder frei, Georg fährt zum „Ufer“, das Gras nimmt den Dreck aus dem Profil, denn nun muss noch der mittlerweile extrem versenkte Bus gerettet werden.

Mit größerem Abstand, dreierlei Berge-Gurten und der Winde dauert es trotzdem noch gute 20 Minuten, erst drehen die Reifen durch, dann ackert Vally den gesamten Bus durch 50 Zentimeter tiefen Schlamm, doch Befreien funktioniert nicht. VW-Synchro im Loch.

Nochmal schaufeln, kleine Rampe buddeln, erneuter Winde-Versuch. Miieep, miieep, miieep, mit diesem Geräusch kommt der Bus langsam frei, Zentimeterchen um Zentimeterchen rutscht Ferdi mit dem Synchro aus dem Loch, Vally bleibt gelassen. Und dann endlich ist er frei. Ferdi gibt Gas, rauscht über die Pan und gelangt ans grasige Ufer.

Nun campen wir auf der Kukonje Insel, stoßen auf Ferdi´s Geburtstag an, sind die einzigen weit und breit, es herrscht Mucksmäuschen-Stille, noch nicht mal ein Vögelchen krächzt ein Tönchen hervor, und überblicken die wunderschöne Weite und ein silbrig grau glänzendes Salzmeer, das nur von zwei dunklen Schlammspuren entwürdigt wird...Cheers!

okavango Delta

Sonntag, 10.06.2012

Very Scenic

Mit leichtem Druck werde ich in den Sitz gepresst, ein flaues Gefühl im Bauch folgt dem immer lauter werdenden Brummen am Ohr, mein Herz schlägt schneller und plötzlich fliegen die Bäume an meinem Fenster vorbei. Als die dünne Wand neben mir zu zittern beginnt, heben wir ab und der schmale graue Airstrip unter uns wird teleskopisch kleiner.

Nach weiteren drei Nächten auf der einsamen Insel im Salzsee fuhren wir in knappen sechs Zebra-intensiven Stunden weiter nach Maun, dem geschäftigen Eingangstor zum einmaligen Okavango-Delta. Wir buchten einen „Scenic Flight“ in einer klitzekleinen orange-weissen Propellermaschine (55 Euro/P) und schweben nun über der gelb-grün-blau spiegelnden Sumpflandschaft.

Das Delta verdankt seine Entstehung einer ganzen Eintracht voll geologischer Märchenmechanismen: nach mehr als 2500 km flossen die mächtigen Ströme Okavango, Chobe und Sambesi einst geschlossen nach Osten und erreichten dort sprudelnd den indischen Ozean; aufgrund einer gewaltigen geologischen Verwerfung wurde das ganze schöne Wasserspiel jedoch vor so ungefähr 2 Millionen Jahren für den Okavango vereitelt, der fortan einfach so in einem riesigen Sumpfgebiet versickerte.

Was nicht so schön ist für den Fluss, ist toll für uns: das Delta ist eine Wunderwelt für sich, das glorreiche Spektrum der reichen Tierwelt des südlichen Afrika heißt uns Willkommen und steht an für die Luft-Parade. Unten im Wasserparadies grasen die sich spiegelnden minikleinen Zebras und zeigen uns ihre Doppel-Schwarz-Weiß-Streifen, daneben galoppieren Giraffen wie in Zeitlupe zwischen einer Impala-Herde, hunderte Büffel waten im Wasser, etliche Hippos grölen und die dicken Grauen lassen sich unter all den Leberwurstbäumen nicht aus der Ruhe bringen.

Wir schweben 500 Fuß über dem Boden, so stören wir weder die Tierwelt – noch bekommen gute Fotos. Kleiner Spaß. Doch im Ernst: der Overlook ist grandios, das Okavango Delta in der Vogelperspektive ist atemberaubend schön – und ich möchte am liebsten sofort den Pilotenschein machen! Wieviel kostet sowas nochmal?

MOREMI Nationalpark

Sonntag, 17.06.2012

Schnell-Wach-Injektion

Es ist 5.10 Uhr. Frühs. - Das reine Morgen-Grauen! Jetzt so für mich. Persönlich. Es soll ja Leute geben, die sich Sado-Maso-mäßig aus dem lieblich-warmen Bett mit der flauschigen Decke über der Wange in den morgendlichen Tag katapulieren. Ich zähle nicht dazu. Eher zur Slow-Motion-Fraktion mit modifizierten Bewegungsabläufen. Die Bettdecke scheint per Klettverschluss mit meinem Ohr vereinigt zu sein. Ebensolches Geräusch entsteht, wenn ich sie losreissen muss.

Noch nicht mal die Sonne ist aufgestanden. Stockdunkel draussen. Warum ich trotzdem schon wach bin? - Berechtigte Frage. Sagen wir mal so: Hyänen, Löwen, Vögel und Affen sind nicht gerade feinfühlige Mitbewohner dieser Erde, die kichern und grölen nach Partynächten erstmal mächtig rum (Hyäne), brüllen und rülpsen einen auf Coolio (Löwe), zwitschern sich die Early Bird-Seele aus der Kehle (Vögel) und beginnen mit ersten Leibesübungen an der Stoßstange, bevor sie uns die Butter vom Brot am Frühstückstisch klauen (Affen)! Wir campten gestern im ungezäunten Third Bridge Campground im Nationalpark Moremi, hörten Nachts die großen Katzen um unser Auto röcheln und freuen uns heute auf neue Abenteuer. Also aufgrund der Uhrzeit ist "Freude" im Moment etwas übertrieben. Aber ich nähere mich an. Mit kleinen Schritten.

Mit kleinen Schritten wanke ich nun auch im Morgengrauen müde vor zum Waschhaus, schwer bewaffnet mit Taschenlampe und Ellbogen. Rascheln. Ich höre Rascheln. Wo? Wie? Was´n jetzt? Ich reibe mir die Augen, zur Sicherheit auch gleich die Ohren. Doch da ist es wieder. Deutliches, lautes Geraschel, nicht weit entfernt. Jetzt bin ich wach. Und neugierig. Ich gehe vier Schritte um die Ecke, höre jetzt nicht nur das Rascheln, sondern auch mein Herz pochen, da öffnet sich der Mega-Busch in zehn Metern Entfernung - und heraus tritt...ein Elefant! Megagroßer, riesiger Elefant. So stehe ich nun ganz klein und allein und ohne Auto-Konservendose...vor IHM.

Elefant auf 12 Uhr! Ich bin eingefroren. Geistig und auch körperlich. Noch zu früh. Versuche zu verarbeiten. Katapult ist an. Endlich. Denken! Keine Hektik jetzt. Ruhig. Ruhige Bewegungen. Wir wollen ja niemanden erschrecken. Ich halte den Atem an, schaue hoch zum Dickhäuter, umklammere Taschenlampe und Waschbeutel. Mann, ist der groß.

Doch Mr. Grey guckt weich und gut drauf zu mir herunter, hebt den Rüssel, schnüffelt mein Aroma, macht einen Schritt vorwärts, blinzelt mir zu...und wendet sich dann wieder seelenruhig dem nächsten Akazia-Frühstücksbaum zu. Fünf Minuten später verharre ich immer noch in stillschweigender Trance, bin verzaubert von dem Tier, dem ich knapp zum Oberschenkel reiche, dann gehe ich langsam, aber stetig rückwärts, ziehe mich zurück und bin immer noch sprachlos vor Adrenalin. Ich liebe Elefanten! Diese sozialen, faszinierenden, wunderbaren Kolosse, über die der südafrikanische Tierschützer und Reserve-Besitzer Lawrence Anthony in seinem wundervollen Buch "The Elefant Whisperer" schreibt:

"From (elefant) Nana, the glorious matriarch, I learned how much family means. I learned how wise leadership, selfless discipline and tough unconditional love is the core of the family unit. I learned how important one´s own flesh is, when the whole dice are loaded against you. From Fankie... I learned that loyality to one´s group is paramount. From Nandi, I learned about dignity and how much a real mother cares; ...From ET I learned about forgiveness...But perhaps the most important lesson I learned is that there are no walls between humans and the elephants excepts those we put up ourselves, and that until we allow not only elephants, but all living creatures their place in the sun, we can never be whole ourselves." Randnotiz: sehr lesenswertes Buch!

Am Nachmittag werden wir von seltenen Wild Dogs überrascht; in ganz Afrika gibt es nur noch 5000 der vom Aussterben bedrohten Tiere. Conservationists wie der bekannte "Löwenmann" Tony Fitzjohn ("Born Wild") haben eigens Aufzuchtstationen errichtet, um die Hunde zu erhalten.

Dank beige-schwarz-weiss geflecktem Fell sind die Wilden mit der Größe eines deutschen Schäferhundes nur sehr schwer im hohen Savannengras auszumachen, doch die überdimensionalen Fledermaus-Ohren lugen heraus und so sichten wir sie. Die Tagaktiven jagen in Rudeln von bis zu 50 Tieren und sind dabei die Erfolgreichsten im Fleischfresser-Metier: über 70% der gejagten Beute wird erlegt! Und auch noch superschlau dabei: während Einer Schmiere steht, können die anderen in Ruhe fressen! Dank großartig ausgeprägtem Sozialverhalten werden Fürsorge und gemeinsame Spielnachmittage großgeschrieben.

Moremi ist zwar ein schöner Park, doch wir sind gemeinschaftlich etwas enttäuscht: für 30 Euro Eintritt plus 50 Euro Campinggebühr hatten wir uns irgendwie mehr erwartet. Zwar sehen wir einige Elefantenherden und auch Impalas, Büffel und ein paar Giraffen, doch insgesamt fällt die Note trotz gesichteter Wild Dogs eher schlecht aus. All die schönen Tiere sind wohl im Sommerurlaub im Chobe NP. Einfach mal die paar Kilometerchen hochgelaufen, zum Baden im Chobe-River. Keine schlechte Idee eigentlich...

Wir sind dann mal weg...auf dem Weg zurück zur Chobe Riverfront...again, and again and again. Dort sind wir wieder verzaubert, spüren das Morgen-Grauen, reissen uns die laute Bettdecke vom Ohr und halten die neue Butter fest umklammert!

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